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Die einunddreißigste Bat News ist erschienen

Liebe Mitglieder! 

 

In der vorliegenden Ausgabe der BatNews findet ihr die neuesten Informationen und Daten zu unseren Aktivitäten. Besonders hinweisen möchte ich auf die Publikation von Fr. Dr. Spitzenberger über die Bestandsentwicklung der Fledermäuse im Burgenland während der letzten 30 Jahre, die auf unserer Homepage, unter Forschung, zum Download zur Verfügung steht. 

 

Mit den besten Grüßen

Wolfgang Moche

 

Fledermäuse und das Coronavirus SARS-CoV-2

Das weltweite Auftreten des Coronavirus SARS-CoV-2, das die Lungenkrankheit COVID-19 auslöst, sorgt auch hier für Verunsicherung. Österreichische Fledermäuse sind keine Überträger von SARS-CoV-2. Leider wird in den Medien oft von Fledermäusen als Ursprung des Virus berichtet, was einen sehr komplexen und wissenschaftlich noch unbelegten Übertragungsweg sehr vereinfacht darstellt. Damit geraten Fledermäuse zu Unrecht in Verruf als Krankheitsüberträger. Quartierbesitzer und -betreuer müssen sich keine Sorgen machen, selbst im direkten Kontakt ist es extrem unwahrscheinlich, dass Fledermäuse Menschen oder Menschen Fledermäuse mit SARS-CoV-2 anstecken können. Auftreten und Ausbreitung von SARS-CoV-2 und anderer von Tieren auf Menschen übertragener Viren (Zoonosen) werden nicht durch einzelne Arten oder Artengruppen, wie Fledermäuse, Schuppentiere, Nagetiere, etc. verursacht, sondern müssen als direkte Folge und Rückkopplung aus dem verheerenden Umgang der Menschen mit Tieren, Ökosystemen und dem daraus resultierenden Artenschwund begriffen werden (López-Baucells et al. 2018).

 

Das Wichtigste kurz zusammengefasst aus einem Informationsblatt der Deutschen Fledermauswarte von Florian Gloza-Rausch, Markus Fritze, und Kollegen:

 

1. Einheimische Fledermäuse sind nicht mit SARS-CoV 2 infiziert. 

 

2. Das humane SARS-CoV 2 ist genetisch eng mit Viren von Wildtieren verwandt, der genaue Ursprung von SARS-CoV 2 oder dessen Vorläufer ist nach wie vor ungeklärt. 

 

3. Eine Übertragung von SARS-CoV-ähnlichen Viren aus Fledermäusen direkt auf Menschen ist sehr unwahrscheinlich. 

 

4. Ein Muster vergangener Zoonosen ist die Bedeutung von Massentierhaltungen (z.B. im Falle der Schweinegrippe) und Wildtiermärkten, auf denen Wildtiere lebend, frisch geschlachtet oder zubereitet zum Verkauf angeboten werden. 

 

5. Fledermäuse aufgrund einer vermeintlichen Gesundheitsgefahr zu bekämpfen, ist völlig unbegründet und strafbar. 

 

6. Das Naturschutz-Ehrenamt ist mit der universitären und außeruniversitären Forschung eng vernetzt und unterstützt die Wissenschaft. 

 

7. Es ist unwahrscheinlich, dass Coronaviren aus Fledermauskot eine unmittelbare Gesundheitsgefahr für den Menschen darstellen. 

 

8. Nach bisherigen Erkenntnissen sind bei SARS-ähnlichen Coronaviren immer Zwischenwirte im Rahmen mehrerer zoonotischer Übergänge notwendig, um einen humanpathogenen Erreger entstehen zu lassen. 

 

9. Fledermäuse sind weltweit wichtige und unverzichtbare Akteure in Ökosystemen. 

 

10. Die Wahrscheinlichkeit von zoonotischen Pandemien kann in Zukunft verringert werden, indem der Naturschutz und Tierschutz verbessert werden. 

 

(Quelle, alle Autoren und längerer Text: https://www.deutsche-fledermauswarte.org/single-post/2020/04/08/Informationsblatt-Einheimische-Flederm%C3%A4use-und-SARS-CoV-2-erschienen)

 

Der bis jetzt (Stand 10.05.2020) belegte wissenschaftliche Hintergrund ist, dass es Studien gibt, die Coronaviren (Familie Coronaviridae, also entfernt verwandte Viren), aber nicht SARS-CoV-2 in Fledermäusen nachweisen konnten. Auch in Deutschland wurden in mehreren Fledermausarten (Teich-, Wasser-, Bechstein-, Rauhaut- und Mückenfledermaus) andere Coronaviren nachgewiesen (Gloza-Rausch et al. 2008, Drexler et al. 2014). In Fledermäusen wurden auch deshalb viele Coronaviren gefunden, weil Forscher dort besonders intensiv gesucht haben (López-Baucells et al. 2018).

 

Wie genau sich ein Fledermaus-Coronavirus auf eine infizierte Fledermaus auswirkt, und ob Fledermäuse überhaupt Symptome zeigen, ist noch nicht gut erforscht. Fledermäuse haben gegen Viren ein besonders effektives Immunsystem. Das beruht wahrscheinlich auf einer hohen Toleranz gegenüber niedrigen und hohen Körpertemperaturen (ca. 40°C im Flug) und einer geringeren Entzündungsreaktion (Pavlovich et al. 2018). Fledermäuse können so Viren vermutlich länger in sich tragen, ohne krank zu sein, aber sie bilden auch Antikörper gegen Coronaviren, mit denen sie in Kontakt kommen (Drexler et al. 2014). 

 

Genau wie in Fledermäusen, findet man andere Coronaviren auch in anderen Säugetierarten. In Menschen gibt es sieben bekannte Coronaviren, z.B.: MERS-CoV (den Erreger der Lungenkrankheit Middle East Respiratory Syndrome) oder HCoV-229E und HCoV-OC43 (Erreger von gewöhnlichen Erkältungskrankheiten); (Liu et al. 2020). 

 

Bis jetzt ist es nicht gelungen, einen genauen Übertragungsweg und die Verwandtschaft von verschiedenen Coronaviren, die in verschiedenen Tierarten und auch in Menschen vorkommen, nachzuweisen (übrigens auch nicht für SARS-CoV-1 oder MERS-CoV), obwohl gerade viele in Fledermausarten vorkommende Viren daraufhin untersucht wurden (Hu et al. 2017, Zhou et al. 2020). 

 

Das Spike-Protein an der Oberfläche, mit dem SARS-CoV-2 in Wirtszellen eindringt, ist bei verwandten Fledermaus-Coronaviren anders aufgebaut. Deshalb könnten diese Viren nicht so in menschliche Atemwegszellen eindringen wie SARS-CoV-2. Es wird vermutet, dass ein verwandtes Virus sich in einem Zwischenwirt über Jahrzehnte so weiterentwickelt haben könnte, dass es auch Menschen infizieren kann. Die Übertragung würde dann durch engen Kontakt zwischen Menschen und Nutztieren, z.B. in der Fleischverarbeitung, stattfinden (Drexler et al. 2014, Boni et al.2020). Aufgrund der bei uns vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen bei der Fleischverarbeitung ist in Österreich die Übertragung von SARS-CoV-2 durch einen solchen Zwischenwirt sehr unwahrscheinlich (RIS 2006, Abfrage 10.05.2020).

 

Hier noch ein paar Links zum Weiterlesen:

 

https://www.deutsche-fledermauswarte.org/single-post/2020/04/08/Informationsblatt-Einheimische-Flederm%C3%A4use-und-SARS-CoV-2-erschienen

 

https://www.mdr.de/wissen/corona-einheimische-fledermaeuse-102.html?fbclid=IwAR25COIElmQvnN8eZr8Qs7WveVRT7DRk1pgrrF9DG29gCX4zRXq2QQbqR1c

 

https://www.cms.int/en/news/opinion-far-being-our-enemies-bats-need-protection-now-more-ever?fbclid=IwAR3xyuznqESIcepe0xGf9kfYmRpF0QGtLCvolG60UeUM4UxjIHgNsT6a6as

 

https://www.eurobats.org/node/2602

 

https://www.bats.org.uk/about-bats/bats-and-disease/covid-19-and-bats?fbclid=IwAR0C7ikwFQLe1CIQ1Q5-ngo4U7EeENJZllo89NCdpyw-UWCCZKNwONvmjNc

 

https://www.haaretz.com/science-and-health/.premium-once-and-for-all-no-we-didn-t-get-the-coronavirus-from-bats-1.8802454?fbclid=IwAR3iQOLWa3f4Qkhk8kX6Vf7Ylj33B3EGt_PS09qwKO0yYbyZ563v6SB-RdQ

 

https://southeastasiaglobe.com/bats-among-natures-most-misunderstood-animals/?preview_id=73396&preview=true&_thumbnail_id=73416&fbclid=IwAR2VWkccH84lpuE5-9NcDyNcFo83GeXjJiXE25PMbIk-oRSoc1hMmyu0V9Y&pico_new_user=true&pico_ui=login_link

 

https://gbatnet.blogspot.com/2020/04/what-we-know-and-dont-know-about.html?fbclid=IwAR1LE_QmjtyoR7Adeh9ki_q719hrzbdxIqDIwHoO1Wta8aCL0PbuAmoFfao

 

Quellen

 

Boni, M. F., Lemey, P., Jiang, X., Lam, T. T. Y., Perry, B., Castoe, T., ... & Robertson, D. L. (2020). Evolutionary origins of the SARS-CoV-2 sarbecovirus lineage responsible for the COVID-19 pandemic. bioRxiv.

 

Drexler, J. F., Corman, V. M., & Drosten, C. (2014). Ecology, evolution and classification of bat coronaviruses in the aftermath of SARS. Antiviral research101, 45-56.

 

Gloza-Rausch, F., Ipsen, A., Seebens, A., Göttsche, M., Panning, M., Drexler, J. F., ... & Pfefferle, S. (2008). Detection and prevalence patterns of group I coronaviruses in bats, northern Germany. Emerging infectious diseases14(4), 626.

 

Hu, B., Zeng, L. P., Yang, X. L., Ge, X. Y., Zhang, W., Li, B., ... & Luo, D. S. (2017). Discovery of a rich gene pool of bat SARS-related coronaviruses provides new insights into the origin of SARS coronavirus. PLoS pathogens13(11).

 

Liu, Z., Xiao, X., Wei, X., Li, J., Yang, J., Tan, H., ... & Liu, L. (2020). Composition and divergence of coronavirus spike proteins and host ACE2 receptors predict potential intermediate hosts of SARS-CoV-2. Journal of medical virology92(6), 595-601.

 

López-Baucells, A., Rocha, R., & Fernández-Llamazares, Á. (2018). When bats go viral: negative framings in virological research imperil bat conservation. Mammal Review48(1), 62-66.

 

Pavlovich, S. S., Lovett, S. P., Koroleva, G., Guito, J. C., Arnold, C. E., Nagle, E. R., ... & Mühlberger, E. (2018). The Egyptian rousette genome reveals unexpected features of bat antiviral immunity. Cell173(5), 1098-1110.

 

RIS Gesamte Rechtsvorschrift für Fleischuntersuchungsverordnung 2006, Fassung vom 10.05.2020 www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe

 

Zhou, P., Yang, X. L., Wang, X. G., Hu, B., Zhang, L., Zhang, W., ... & Chen, H. D. (2020). A pneumonia outbreak associated with a new coronavirus of probable bat origin. nature579(7798), 270-273.

 

 

Simon Engelberger

 

Fledermaus des Jahres 2022/23

 

Das braune Langohr (Plecotus auritus)

 
 

Alle zwei Jahre küren fledermauskundliche Vereine aus ganz Europa die “Fledermaus des Jahres” (korrekterweise Fledermaus der Jahre). In diesem Jahr fiel die Wahl auf eine weit verbreitete Art aus der Gruppe der Langohren – das braune Langohr (Plecotus auritus).

 

Die drei heimischen Langohrarten sind optisch leicht zu erkennen. Sie besitzen auffällig lange – etwa zwei drittel so lang wie der Körper – Ohren die an der Basis verwachsen sind. Die Unterscheidung der drei Arten (Graues Langohr – Plecotus austriacus, Braunes Langohr – Plecotus auritus und Alpenlangohr – Plecotus macrobullaris) ist dagegen vergleichsweise schwierig. Das braune Langohr ist am Rücken braun und auf der Bauchseite weißlich gefärbt. Verglichen mit dem grauen Langohr wirkt das Gesicht duch die stärker ausgeprägten Drüsenfelder hinter der Nase etwas bulliger. Im Gegensatz zum Alpenlangohr ist beim braunen Langohr der nackte Fleck am Kinn nicht deutlich dreieckig.

 

Das braune Langohr kommt in Österreich zumindest sporadisch in allen Landesteilen vor, wobei ein deutlicher Verbreitungsschwerpunkt in den Alpen und der böhmischen Masse liegt. Die Art lebt zum überwiegenden Teil in oder am Rand von Wäldern, wobei Laub-, Misch- und Nadelwälder gleichermaßen bewohnt werden. In den Alpen kommt es bis 1600 m Seehöhe relativ regelmäßig vor.

 

Die Sommerquartiere des braunen Langohrs sind sehr vielgestaltig und liegen sowohl in natürlichen Baumhöhlen als auch in Nistkästen und in Dachböden von Gebäuden. Während die Männchen den Sommer üblicherweise einzeln verbringen, finden sich die Weibchen zu Wochenstubengesellschaften mit durchschnittlich ca. 10 Tieren zusammen. In Dachböden bleiben die Wochenstubentiere üblicherweise über den ganzen Sommer, während Baumhöhlen- oder Nistkastenquartiere über eine Saison regelmäßig gewechselt werden und somit in gößerer Anzahl in räumlicher Nähe zur Verfügung stehen müssen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Kooperation mit Schattenwelt.at

BatLife Österreich freut sich über Kooperation und finanzielle Unterstützung durch den Verein Schattenwelt, dessen Maskottchen eine Fledermaus ist.

 

Auswirkung von Fassadenbeleuchtung auf das Ausflugsverhalten einer Wimperfledermauskolonie

In der Burg Lockenhaus, Burgenland, befindet sich die größte österreichische Wochenstubenkolonie der Wimperfledermaus. Zwecks ihrer langfristigen Erhaltung wird in Kooperation mit dem Naturpark Geschriebenstein-Irottkö und der Burg Lockenhaus ein naturtouristisches Projekt durchgeführt, das eine Dauerausstellung und einschlägige Öffentlichkeitsarbeit umfasst. Darüber hinaus ist diese Kolonie das Objekt wissenschaftlicher Forschung.

In Zusammenarbeit mit Dipl. Biol. Karl Kugelschafter, Chirotec, Lohra/ Deutschland, werden seit drei Jahren mittels Lichtschrankenmessung Phänologie, Bestandsentwicklung und Ausflugsverhalten untersucht. Aufgrund der regelmäßigen Aufzeichnungen gelang es, die Auswirkungen einer einmaligen Fassadenbeleuchtung auf das Ausflugsverhalten zu registrieren.

In der Nacht vom 9. auf 10. Mai 2013 wurde aufgrund eines Missverständnisses die Fassade der Burg, die sonst aus Gründen des Schutzes der Kolonie unbeleuchtet blieb, voll mit einem Scheinwerfer angestrahlt. Wie die Abbildung zeigt, verdoppelten sich in dieser Nacht die Zahlen der Ein- und Ausflüge in die Wochenstube im Vergleich zum früher und später registrierten Normalverhalten. Eine genaue Analyse dieses Vorgangs steht noch aus, es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass die Beleuchtung zu einer massiven Störung der Kolonie führte.

Friederike Spitzenberger

 

Lichtschrankentechnik/ Datenauswertung: K. Kugelschafter, ChiroTec, Lohra